Deutsche Konzerne geben viel Geld für die Suche nach Spezialisten aus. Das sorgt in der Beraterbranche für glänzende Geschäfte.

Wer ausgewiesene Digitalkompetenz und Managementerfahrung hat, der kann sich die Jobs derzeit aussuchen. Unternehmen suchen teils verzweifelt nach Spezialisten, die ihnen bei der Neuausrichtung fürs Digitalzeitalter helfen. Jede zehnte Stelle ist mittlerweile explizit an nachweisliche Qualifikationen im Umgang mit den neuen Technologien geknüpft, wie eine aktuelle Untersuchung des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU) zeigt.

Die Trends ziehen sich durch alle Branchen, besonders aber bei Versicherern und bei Unternehmen aus der Telekom- und IT-Industrie. Auch bei den Wirtschaftsprüfungen und Beratungsunternehmen selbst ist der Bedarf anhaltend hoch. Sie gehören zu den Hauptkunden der Personalberater, auch Headhunter genannt, die in deren Auftrag Kandidaten für unbesetzte Stellen suchen.

So treiben der Fachkräftemangel und der Boom der deutschen Wirtschaft das Geschäft der Personalberater auf neue Rekordhöhen. 2017 wuchs die Branche um zehn Prozent auf 2,19 Milliarden Euro Umsatz – so stark hat sie seit sechs Jahren nicht mehr zugelegt. Und auch 2018 dürfte nach Erwartung der Anbieter stark werden.

Zwar hat sich das vom BDU ermittelte Geschäftsklima in der Branche zu Beginn dieses Jahres leicht eingetrübt. Der Grund: Auch die Recruitment-Anbieter fürchten mögliche negative Folgen durch Handelskonflikte und geopolitische Spannungen.

Dazu kommt: In der Branche gibt es erste Warnsignale, nach denen die gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten gepaart mit einem Fachkräftemangel an ihre Grenzen stoßen könnten. Letztlich gehen die Personalberater aber aufgrund der guten Konjunkturaussichten von einem weiteren Wachstum über neun Prozent in ihrer Branche aus.

Zu den stärksten Auftraggeber der Branche gehörten über viele Jahre die Automobilhersteller. Doch die hielten sich im vergangenen Jahr auffallend zurück: Deren Nachfrage bei den Personalberatern sank. Der Verband interpretiert dies aber nicht als Krisensignal im Fahrzeugbau. Vielmehr hätte die Branche in den Jahren zuvor kräftig eingestellt.

Künstliche Intelligenz wird das Geschäft verändern

Der anhaltende Boom überrascht, weil den klassischen Personalberatern schon länger ein schwieriges Geschäft vorausgesagt wird. Grund sind neue Konkurrenten und Technologien bei der Personalvermittlung. So sind Neugründungen wie die Heidelberger Instaffo am Markt erfolgreich: Dort buchen Kandidaten ein anonymes Profil samt Karrierewünschen sowie Firmen Stellenangebote ein. Eine ausgeklügelte Software führt beide dann zusammen.

Zudem gehen Unternehmen die Personalsuche verstärkt selbst an und identifizieren über berufliche Netzwerke wie Xing und LinkedIn gezielt geeignete Kandidaten. Die Online-Plattformen bieten ihnen dazu immer ausgefeiltere Systeme und Algorithmen, um die Daten ihrer Nutzer zu durchforsten. Roboter werden so zum Headhunter.

Doch dieses sogenannte Active Sourcing geht offensichtlich nicht auf Kosten der professionellen Personalberater. Denn die Unternehmen setzen angesichts des Fachkräftemangels auf alle verfügbaren Wege, um Spezialisten für sich gewinnen zu können.

Die etablierten Personalberater suchen Kandidaten selbst mit Hilfe von Social-Media-Kanälen, Online-Datenbanken und neuen Technologien zur Datenanalyse. Künstliche Intelligenz wird auch ihr Geschäft verändern. Zugleich vertrauen sie auf Kompetenzen, die sie den Robotern absprechen – etwa das Einfühlungsvermögen in die Unternehmenskultur der Kunden und in das Wesen der Kandidaten.

„Algorithmen garantieren kein perfektes Matching von Unternehmen und Kandidaten“, sagt Wolfram Tröger, Vorsitzender des Fachverbands Personalberatung im BDU. „Menschen wollen auch von Menschen angesprochen, informiert und überzeugt werden.“

Top-Beratungen wie Egon Zehnder bewerten zudem für ihre Kunden das Potenzial neuer Manager in Sachen Führungsfähigkeit. Dabei bleibe der Mensch im Spiel, weil sich er sich noch nicht vollständig digital abbilden lasse, sagt Zehnder-Partner Stephan Buchner.

Bezahlt werden Headhunter nach dem Zieleinkommen des erfolgreich vermittelten Kandidaten: Bekommt der 150.000 Euro jährlich, streichen die Berater bis zu einem Drittel davon als Honorar ein. Allerdings sind die im Schnitt gezahlten Honorare im vergangenen Jahr kaum gestiegen.

Das ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die durchschnittlichen Bezüge von Managern in Deutschland nur leicht zulegen – trotz einiger Ausschläge nach oben bei Top-Positionen.

Dass die Unternehmen keine exorbitant hohe Gehälter zahlen wollen, zeigt auch eine aktuelle Studie der Personalberatung Kienbaum. Danach sind vor allem IT-Profis und Vertriebsexperten in der Wirtschaft gefragt. Deren Vergütung stieg 2017 im Schnitt aber „nur“ um drei Prozent.

Quelle: https://www.handelsblatt.com/unternehmen/dienstleister/digitalexperten-verzweifelt-gesucht-fachkraeftemangel-sorgt-fuer-boom-bei-headhuntern/22681498.html?ticket=ST-58002-OTtbUfkYT3JRT2OeK9jn-ap2